United Nations
Resolution 1244 (1999)
vom 10. Juni 1999
Der Sicherheitsrat,
eingedenk der Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen
und der Hauptverantwortung des Sicherheitsrats für die Wahrung
des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit,
unter Hinweis auf seine Resolutionen 1160 (1998) vom 31. März
1998, 1199 (1998) vom 23. September 1998, 1203 (1998) vom 24. Oktober
1998 und 1239 (1999) vom 14. Mai 1999,
bedauernd, daß die in diesen Resolutionen enthaltenen Forderungen
nicht voll erfüllt worden sind, entschlossen, eine Lösung
der ernsten humanitären Lage im Kosovo (Bundesrepublik Jugoslawien)
herbeizuführen und für die sichere und freie Rückkehr
aller Flüchtlinge und Vertriebenen in ihre Heimat zu sorgen,
unter Verurteilung aller Gewalthandlungen gegen die Bevölkerung
des Kosovo sowie aller terroristischen Handlungen, gleichviel, von welcher
Seite sie begangen werden,
unter Hinweis auf die Erklärung des Generalsekretärs vom
9. April 1999, in der dieser seine Besorgnis über die humanitäre
Tragödie im Kosovo zum Ausdruck gebracht hat,
in Bekräftigung des Rechts aller Flüchtlinge und Vertriebenen
auf sichere Rückkehr in ihre Heimat, unter Hinweis auf die Zuständigkeit
und das Mandat des Internationalen Strafgerichts für das ehemalige
Jugoslawien,
mit Genugtuung über die am 6. Mai 1999 verabschiedeten allgemeinen
Grundsätze zur politischen Lösung der Kosovo-Krise (S/1999/516;
Anlage 1 dieser Resolution) sowie mit Genugtuung darüber, daß
die Bundesrepublik Jugoslawien die Grundsätze angenommen hat, die
in den Punkten 1 bis 9 des am 2. Juni 1999 in Belgrad vorgelegten Papiers
(S/1999/649; Anlage 2 dieser Resolution) enthalten sind, und daß
sie diesem Papier zugestimmt hat,
in Bekräftigung des Eintretens aller Mitgliedstaaten für
die Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Bundesrepublik
Jugoslawien und der anderen Staaten der Region, wie dies in der Schlußakte
von Helsinki und in Anlage 2 zum Ausdruck kommt,
in Bekräftigung der in früheren Resolutionen geforderten
substantiellen Autonomie und tatsächlichen Selbstverwaltung des
Kosovo, feststellend, daß die Situation in der Region auch weiterhin
eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit darstellt,
entschlossen, die Sicherheit des internationalen Personals zu gewährleisten
und dafür zu sorgen, daß alle Beteiligten ihre Verpflichtungen
aus dieser Resolution erfüllen, und zu diesen Zwecken tätig
werdend nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen,
beschließt, daß eine politische Lösung der Kosovo-Krise
auf den allgemeinen Grundsätzen in Anlage 1 und den weiteren
Ausführungen in den Grundsätzen und weiteren erforderlichen
Elementen in Anlage 2 zu beruhen hat;
- begrüßt es, daß die Bundesrepublik Jugoslawien
die in Ziffer 1 genannten Grundsätze und weiteren erforderlichen
Elemente akzeptiert hat, und verlangt die uneingeschränkte Zusammenarbeit
der Bundesrepublik Jugoslawien bei deren rascher Umsetzung;
- verlangt insbesondere, daß die Bundesrepublik Jugoslawien
die Gewalt und Unterdrückung im Kosovo unverzüglich und
nachprüfbar beendet und nach einem engen Zeitplan, mit dem die
Dislozierung der internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo
zeitlich abgestimmt wird, den nachprüfbaren, stufenweisen Abzug
aller militärischen, polizeilichen und paramilitärischen
Kräfte aus dem Kosovo einleitet und abschließt;
- bestätigt, daß nach dem Abzug eine vereinbarte Zahl jugoslawischen
und serbischen Militär- und Polizeipersonals die Erlaubnis zur
Rückkehr in das Kosovo erhält, um die Aufgaben nach Anlage
2 wahrzunehmen;
- beschließt, unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen
im Kosovo internationale zivile und Sicherheitspräsenzen zu dislozieren,
die über das erforderliche geeignete Gerät und Personal
verfügen, und begrüßt es, daß die Bundesrepublik
Jugoslawien diesen Präsenzen zugestimmt hat;
- ersucht den Generalsekretär, im Benehmen mit dem Sicherheitsrat
einen Sonderbeauftragten zu ernennen, der die Umsetzung der internationalen
zivilen Präsenz überwachen soll, und ersucht den Generalsekretär
ferner, seinen Sonderbeauftragten anzuweisen, sich eng mit der internationalen
Sicherheitspräsenz abzustimmen, um sicherzustellen, daß
beide Präsenzen auf die gleichen Ziele hinarbeiten und sich gegenseitig
unterstützen;
- ermächtigt die Mitgliedstaaten und die zuständigen internationalen
Organisationen, die internationale Sicherheitspräsenz im Kosovo
gemäß Punkt 4 der Anlage 2 einzurichten und mit allen Mitteln
auszustatten, die sie für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach
Ziffer 9 benötigt;
- bekräftigt die Notwendigkeit der raschen und baldigen Dislozierung
wirksamer internationaler ziviler und Sicherheitspräsenzen im
Kosovo, und verlangt, daß die Parteien bei deren Dislozierung
voll kooperieren;
- beschließt, daß die im Kosovo zu dislozierende und tätige
internationale Sicherheitspräsenz unter anderem folgende Aufgaben
haben wird:
a. Abschreckung von der Wiederaufnahme der Feindseligkeiten,
Aufrechterhaltung und nötigenfalls Durchsetzung einer Waffenruhe,
Gewährleistung des Abzugs der militärischen, polizeilichen
und paramilitärischen Bundes- und Republikkräfte aus
dem Kosovo sowie Verhinderung ihrer Rückkehr, außer
soweit in Anlage 2 Punkt 6 vorgesehen;
b. Demilitarisierung der Kosovo-Befreiungsarmee (UCK) und anderer
bewaffneter kosovo-albanischer Gruppen, wie in Ziffer 15 verlangt
wird;
c. Schaffung eines sicheren Umfelds, in dem Flüchtlinge
und Vertriebene sicher in ihre Heimat zurückkehren können,
die internationale zivile Präsenz arbeiten kann, eine Übergangsverwaltung
eingerichtet und humanitäre Hilfe geleistet werden kann;
d. Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung,
bis die internationale zivile Präsenz die Verantwortung für
diese Aufgabe übernehmen kann;
e. Überwachung der Minenräumung, bis die internationale
zivile Präsenz gegebenenfalls die Verantwortung für
diese Aufgabe übernehmen kann;
f. gegebenenfalls Unterstützung und enge Abstimmung mit
der Arbeit der internationalen zivilen Präsenz;
g. erforderlichenfalls Wahrnehmung von Grenzüberwachungsaufgaben;
h. Gewährleistung des Schutzes und der Bewegungsfreiheit
ihrer selbst sowie der internationalen zivilen Präsenz und
der anderen internationalen Organisationen;
- ermächtigt den Generalsekretär, mit Hilfe der zuständigen
internationalen Organisationen eine internationale zivile Präsenz
im Kosovo einzurichten, um eine Übergangsverwaltung für
das Kosovo bereitzustellen, unter der die Bevölkerung des Kosovo
substantielle Autonomie innerhalb der Bundesrepublik Jugoslawien genießen
kann und die für eine Übergangszeit die Verwaltung wahrnehmen
und gleichzeitig vorläufige demokratische Selbstverwaltungsinstitutionen
schaffen und deren Entwicklung überwachen wird, um die Bedingungen
für ein friedliches und normales Leben für alle Einwohner
des Kosovo sicherzustellen;
- beschließt, daß die internationale zivile Präsenz
unter anderem folgende Hauptaufgaben haben wird:
a. bis zu einer endgültigen Regelung die Förderung
der Herstellung substantieller Autonomie und Selbstverwaltung
im Kosovo unter voller Berücksichtigung der Anlage 2 und
des Rambouillet-Abkommens (S/1999/648);
b. Wahrnehmung grundlegender ziviler Verwaltungsaufgaben, wo
und solange dies erforderlich ist;
c. bis zu einer politischen Regelung die Organisation und Überwachung
der Entwicklung vorläufiger Institutionen für eine demokratische
und autonome Selbstverwaltung, einschließlich der Abhaltung
von Wahlen;
d. Übertragung ihrer Verwaltungsaufgaben auf diese Institutionen,
nachdem sie geschaffen werden, bei gleichzeitiger Überwachung
und Unterstützung der Konsolidierung der örtlichen vorläufigen
Institutionen des Kosovo sowie weitere friedenkonsolidierende
Tätigkeiten;
e. Erleichterung eines politischen Prozesses mit dem Ziel, unter
Berücksichtigung des Rambouillet-Abkommens (S/1999/648) den
künftigen Status des Kosovo zu bestimmen;
f. in einer Endphase die Überwachung der Übertragung
der Machtbefugnisse von den vorläufigen Institutionen des
Kosovo auf die im Rahmen einer politischen Regelung geschaffenen
Institutionen;
g. Unterstützung des Wiederaufbaus der grundlegenden Infrastruktur
und des sonstigen wirtschaftlichen Wiederaufbaus;
h. Unterstützung der humanitären Hilfe und der Katastrophenhilfe
in Abstimmung mit den internationalen humanitären Hilfsorganisationen;
i. Aufrechterhaltung der zivilen öffentlichen Ordnung, namentlich
durch die Schaffung örtlicher Polizeikräfte und in der
Zwischenzeit durch die Dislozierung internationalen Polizeipersonals
für den Dienst im Kosovo;
j. Schutz und Förderung der Menschenrechte;
k. Gewährleistung der sicheren und ungehinderten Rückkehr
aller Flüchtlinge und Vertriebenen in ihre Heimat im Kosovo;
- betont, daß es notwendig ist, koordinierte humanitäre
Hilfseinsätze durchzuführen und daß die Bundesrepublik
Jugoslawien humanitären Hilfsorganisationen ungehinderten Zugang
zum Kosovo gewährt und mit diesen Organisationen zusammenarbeitet,
um die schnelle und wirksame Bereitstellung internationaler Hilfe
zu gewährleisten;
- ermutigt alle Mitgliedstaaten und internationalen Organisationen,
zum wirtschaftlichen und sozialen Wiederaufbau sowie zur sicheren
Rückkehr der Flüchtlinge und Vertriebenen beizutragen, und
betont in diesem Zusammenhang, wie wichtig es ist, so bald wie möglich
eine internationale Geberkonferenz einzuberufen, insbesondere für
die in Ziffer 11 g) genannten Zwecke;
- verlangt, daß alle Beteiligten, einschließlich der internationalen
Sicherheitspräsenz, uneingeschränkt mit dem Internationalen
Gericht für das ehemalige Jugoslawien zusammenarbeiten;
- verlangt, daß die UCK und andere bewaffnete kosovo-albanische
Gruppen alle Offensivhandlungen unverzüglich einstellen und den
vom Leiter der internationalen Sicherheitspräsenz im Benehmen
mit dem Sonderbeauftragten des Generalsekretärs festgelegten
Demilitarisierungsbedingungen nachkommen;
- beschließt, daß die mit Ziffer 8 der Resolution 1160
(1998) verhängten Verbote nicht für Waffen und sonstiges
Wehrmaterial gelten, die für die Verwendung durch die internationale
zivile Präsenz und die internationale Sicherheitspräsenz
bestimmt sind;
- begrüßt die in der Europäischen Union und anderen
internationalen Organisationen gegenwärtig geleistete Arbeit
mit dem Ziel, einen umfassenden Ansatz für die wirtschaftliche
Entwicklung und Stabilisierung der von der Kosovo-Krise betroffenen
Region zu entwickeln, einschließlich der Umsetzung eines Stabilitätspakts
für Südosteuropa unter breiter internationaler Beteiligung,
um die Förderung der Demokratie, wirtschaftlichen Wohlstands,
der Stabilität und der regionalen Zusammenarbeit zu begünstigen;
- verlangt, daß alle Staaten der Region bei der Durchführung
aller Aspekte dieser Resolution uneingeschränkt kooperieren;
- beschließt, die internationale zivile Präsenz und die
internationale Sicherheitspräsenz zunächst für einen
Zeitraum von 12 Monaten einzurichten, der verlängert wird, sofern
der Sicherheitsrat nichts anderes beschließt;
- ersucht den Generalsekretär, dem Rat in regelmäßigen
Abständen über die Durchführung dieser Resolution Bericht
zu erstatten, wozu auch Berichte der Führung der internationalen
zivilen Präsenz und der internationalen Sicherheitspräsenz
gehören; die ersten Berichte sind binnen 30 Tagen nach Verabschiedung
dieser Resolution vorzulegen;
- beschließt, mit der Angelegenheit aktiv befaßt zu bleiben.
Quelle: Aktuelle Homepage des deutschen Übersetzungsdienstes
der Vereinten Nationen
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